Wenn es die kleine Kirche tatsächlich schon in der Epoche der Romanik gegeben hat, wäre denkbar, dass sie einem Brand zum Opfer gefallen oder baufällig geworden war. Schließlich enthielt dieser Baustil sehr viel Holz. Durch die noch heute sichtbar integrierten, eindeutigen Elemente wird die Entstehung der Kirche offiziell in der Zeit der Gotik angesiedelt[3]. Demnach wäre sie im 13. Jahrhundert entstanden. Der gotische Teil auf der Ostseite der Kirche, in dem sich das Gewölbe befindet, ist in den äußeren Stützmauern und dem Spitzbogenfenster zu erkennen, und im Mittelteil des Turms ebenfalls durch das Fenster. An der Ostseite der Kirche ist laut Kirchenchronik im Gewölbeschlussstein eine Jahreszahl zu finden, die sich als 1550 entziffern lässt. Womöglich wurden in diesem Jahr größere Renovierungsarbeiten abgeschlossen.
1477 wurde in Ottendorf an der Rittschein eine Dorfkapelle erbaut, 1587 zur Kirche vergrößert und der Pfarrkirche Hartmannsdorf als Filialkirche angeschlossen. (Gemeinde Ottendorf, 2020. Ottendorf-Rittschein.Steiermark, ottendorf-rittschein.steiermark.at). Heute gehört sie zum Pfarrverband Ilz, Großwilfersdorf, Hainersdorf, Ottendorf.
Laut der Kirchenchronik wurde die Kirche, die der Heiligen Radegundis geweiht ist, im Juni 1885 innen gefärbelt und der Hochaltar umgebaut. Bei den Arbeiten kam in der Apsis[4] der Apostelkreuzigung die Jahreszahl 1554 zum Vorschein, die aber wieder übermalt wurde. Der Chronist notierte auch, dass die gleiche Jahreszahl an der Außenmauer des Presbyteriums gefunden wurde. In der rechten Ecke, nach der dritten Stützmauer, die von außen sichtbar ist. In welcher Form die Jahreszahl dort aufgetaucht war (gemalt oder in Stein gemeißelt), und ob sie dort belassen wurde, verrät die Chronik nicht.
Zu dieser Zeit, während der sogenannten Renaissance[5], dürfte der Zwiebelturm entstanden sein. An der rechten Seite der zweiten Stützmauer war eine Markierung, die auf die Höhe eines Hochwassers hinwies, die heute auch nicht mehr eruiert werden kann. Nachdem es 1727 einen sehr umfassenden Kirchenumbau gab, der zur heutigen Form führte, sind nachträglich genauere historische Datierungen nicht mehr möglich. Die Pfarrkirche war eine Vikariatskirche[6] der Hauptpfarre Riegersburg und gehört heute dem Pfarrverband Gleisdorf, Sinabelkirchen und Markt Hartmannsdorf an.
Die Gründung der Pfarre Hartmannsdorf war ausschlaggebend für die Entwicklung und die Bildung der Bevölkerung. Erste Schulmeister vermittelten wenigen Schülern ihr Wissen.
[1] Typische Erkennungsmerkmale für einen romanischen Bau sind Säulen, Pfeiler und Rundbögen, kleine Fenster und wenige Ornamente, dicke Mauern und ein Innenausbau aus Holz. Vor allem besitzen solche Kirchen aber nur ein, maximal zwei Schiffe. [2] In Riegersburg wird 1170 eine erste romanische Kirche urkundlich erwähnt, die an der Stelle der heutigen Magdalenakapelle und dem alten Pfarrhof den Mittelpunkt einer Urpfarrei bildete. In der Spätgotik, 1481 bis 1500 begonnen wurde die heute noch existierende Pfarrkirche 1517 bis 1554 fertiggestellt. [3] Man setzt die Epoche der Gotik nördlich der Alpen mit dem Zeitraum von ca. 1230 bis 1520 fest. [4] Apsis: Über einem halbkreisförmigen, oft auch vieleckigen Grundriss errichteter, mit einer Halbkuppel überwölbter Raum, der einen Hauptraum, meist einen Kirchenraum, abschließt. [5] Renaissance: 15. und 16. Jahrhundert, gefolgt vom Barock im Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit, Anfang 17. Jh.. [6] Vikariat: Von einem Vikar – auch Kaplan oder Kooperator genannt – geleitete Gemeinde. Vikar: Priester, der einem Pfarrer unterstellt ist und keine Alleinverantwortung für eine Pfarrei trägt.