III. Von der Rodung bis zum „Markt“ Hartmannsdorf

Die Gründung von Hartmannsdorf nimmt ihren Anfang in der ersten großen Rodungsepoche, die um 1070 einsetzte, nachdem König Heinrich IV.[1] ab 1043 die Landschaft[2] an die Kirche oder an Angehörige gräflicher oder hochfreier Geschlechter aufzuteilen begann.

In jener Zeit entwickelte sich auch der Stand der Ministeralen[3]. Allerdings wurde diese Entwicklung 1076 mit Beginn des Investiturstreits[4] wieder gestoppt. Im Jahr 1122, mit Beendigung dieser Auseinandersetzungen, kamen die Traungauer[5] in den Besitz der südlichsten Region des Reiches, die ihrerseits Nachkommen der Otakare waren. Die erste Etappe der Besiedelung des sogenannten „Grenzödlandgürtels“ konzentrierte sich neben den beiden Safentälern und dem mittleren Feistritztal, auf das Rittscheintal mit den Zentren, Hartberg, Waltersdorf, Pöllau bei Hartberg, Schloss Feistritz und der Riegersburg. Es folgten der Schlossberg in Graz, das Grazer Feld und das Bergland im Nordosten. Man muss sich vorstellen, dass die Steiermark über die heutigen Grenzen nach Ungarn und Slowenien hinausreichte und fast durchgehend aus Laubwald bestand. Es gab reine Eichen- und Buchenwälder oder eine Mischung daraus. Die Ausnahme bildeten offene, schmale Flure, die als sumpfige Wiesen entlang von Flüssen und Bächen lagen. Hinzu kamen unwegsame, schwer erreichbare Gebirgsregionen.

Rudiger von Hohenberg errichtete um 1122 einen ersten Stützpunkt, dem die die Erbauung der Riegersburg mit einer ersten urkundlichen Erwähnung 1138 als „Ruotkerspurch“ folgte. Von diesem Herrschaftssitz ging die Rodung im restlichen Rittscheintal aus. Hartberg entstand in den Jahren 1125 bis 1128, geplant und gebaut von Markgraf Leopold I. von Steyr und war lange vor Graz die markgräfliche Hauptpfalz[6]. Einige Gründungsdörfer tragen noch heute die Namen ihrer Erbauer, die mit ursprünglicher Landschaft beschenkt wurden und die Rodung mit ihren Untertanen vorantrieben. So ist auch naheliegend, dass ein Hartmann der Gründer von Hartmannsdorf war. Über seine Person ist jedoch nichts Genaueres dokumentiert. Man kann aber davon ausgehen, dass er höheren Standes und Untertan der Herrschaft Riegersburg war.

In der Mitte des 12. Jahrhunderts lässt sich Windisch Hartmannsdorf als slawisch besiedelt nachweisen. Eindeutige Namen, die auf Slawen hinweisen, sind beispielsweise Rittschein (von rěka = Fluss) und Pöllau (Polan = Ebene). Auch der Zartlerberg (von sedlo = Übergang) deutet darauf hin.

Durch herrschaftlichen Besitz der Stubenberger und der Starhemberger-Neuberger sind um das Jahr 1160 einige Orte aus jener Zeit dokumentiert. Neben anderen auch Windisch Hartmannsdorf, Windisch Pöllau und Oed. 1218 ist Burggraf Otto von Riegersburg der Namensgeber bei der Gründung von Ottendorf. (vgl. Posch, Siedlungsgeschichte der Oststeiermark, 1941). In verschiedenen Urkunden wird das heutige Markt Hartmannsdorf unterschiedlich bezeichnet. 1232 taucht erstmals „Hertwigesdorf“ auf[7], 1318Hartmannsdorf[8], 1428Hertmansdorf im Ritscheintal“ und 1443Windischhertmansdorff bey der Ritschein[9]. 1460 wurde es zu „Wendisch Hertmonstorf[10] und 1475 zu „Hertmannsdorf[11], bevor sich „Windisch Hartmannsdorf“ wieder durchsetzte. Ab 1922, nach dem Ersten Weltkrieg, hieß der Ort wieder „Hartmannsdorf“. (vgl. Zahn, 1893). Am 13. September 1964 wurde Hartmannsdorf zwar zum Markt erhoben, aber es sollte noch bis 1973 dauern, bis sich diese Erhebung auch im Namen „Markt Hartmannsdorf“ niederschlug.


[1] Heinrich IV., * 11. November 1050 vermutlich in Goslar, Deutschland, † 7. August 1106 in Lüttich, Belgien. Schon ab 1053, im Alter von 3 Jahren Mitkönig, ab 1056, im Alter von 6 Jahren römisch-deutscher König, in den Regierungsgeschäften durch seine Mutter vertreten, ab 1084 bis 31. Dezember 1105 Kaiser, bis zu seiner Absetzung durch seinen Sohn Heinrich V. [2] Landschaft: ein vorwiegend historischer, der zeitlichen Dimension zugeordneter Begriff, der jedoch das geografische Verständnis von Landschaft mit einbezieht. [3] Ministerialen: Unfreie Gefolgsleute der Landesfürsten im 11. Jhdt. stiegen in den Adelsstand auf und rückten nach dem Aussterben der hochfreien Geschlechter im 12. Jhdt. nach. Sie trafen auch Entscheidungen für fehlende Landesfürsten. Im 15. Jhdt. verloren sie wieder an Bedeutung, da neue, von Landesfürsten ernannte Adelsgeschlechter, durch Auszeichnung als Freiherr oder Graf, in den Herrenstand nachkamen. [4] Investiturstreitab 1076 (Hoftag in Worms) bis 1122, Kompromisslösung mit dem Wormser Konkordat, einem Staatskirchenvertrag. Höhepunkt des politischen Konflikts in Europa zwischen weltlicher und geistlicher Macht um den Amtseinsatz Geistlicher durch die weltliche Macht. [5] Traungauer: 1056 bis 1192 Grafen, Markgrafen, Herzöge aus der Linie der Otakare. Ihr Mittelpunkt war die Hauptburg in Steyr. Die „Karantanermark“ wurde nach und nach zur Steiermark. [6] Hauptpfalz: Hauptresidenz deutscher Könige oder Kaiser, in der sie residierten, regierten und Gerichte abgehalten wurden. [7] Urkunde der Hauptpfarre Riegersburg von 1232 [8] Urkunden des Landesarchivs, 9. Jh. bis 1499 [9] Lehenbuch Kaiser Friedich III. von 1400-1499, Originalpapier aus dem Staatsarchiv Wien, Codex Ergänzung Nr. 431 [10] Niederösterreichische Lehenstube, Abschrift des Codex 58 und 33 des Staatsarchivs Wien [11] Notizblatt der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 1851-59